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Autorenlesungen

Lesung von Dirk Reinhardt in der Bibliothek - mit Interview!

„Man kann immer etwas ändern.“ ~ Dirk Reinhardt

Über die Lesung in der Bibliothek und ein Interview mit dem Autor

Am Freitag, den 17. März besuchte uns Dirk Reinhardt, ein europaweit bekannter Kinder- und Jugendbuchautor in der Bibliothek. Seine Werke wurden für mehrere Literaturpreise nominiert und manche haben sogar gewonnen. Seine aktuellen Bücher handeln oft von politischen Themen wie zum Beispiel Widerstandsbewegungen, Flucht oder Hacking. Aus seinem neusten Werk „Perfect Storm“ hat er zwei neunten Klassen in der Bücherei vorgelesen. Am Anfang seines Besuchs hat er uns gleich von der Entstehung seines Romans berichtet. Während der Lesung eines vorherigen Buchs (Edelweißpiraten) hatte ein Schüler ihn gefragt, ob er auch ein Roman über eine moderne Widerstandsbewegung schreiben könnte. So kam ihm die Idee zu „Perfect Storm“. In „Perfect Storm“ geht es um sechs Jugendliche auf sechs Kontinenten, deren Lebensbedingungen sehr verschieden sind. Diese tun sich zusammen um durch Hacking gegen die Menschenrechtsverletzungen im Kongo, der Heimat eines Protagonisten, vorzugehen. Während der Lesung präsentierte er uns sein äußerst spannendes Buch und wir konnten Fragen stellen. 

Wir hatten das Glück, ihn im Anschluss interviewen zu dürfen.

Wir: Was ist Ihr Lieblingsbuch, das Sie selbst geschrieben haben?
Dirk Reinhardt: Das ist eine echt schwierige Frage, weil mir natürlich alle meine Bücher sehr viel bedeuten und ans Herz gewachsen sind. Mein Lieblingsbuch ist eigentlich immer das, an dem ich jetzt gerade schreibe. Da stecke ich ganz tief drin, fiebere mit den Figuren mit und manchmal träume ich auch davon. Am Ende ist es dann sogar oft ein schmerzhafter Prozess, mich von den Figuren zu verabschieden. Aber von den bisherigen Romanen, die ich geschrieben habe, kann ich beim besten Willen keine Rangfolge aufstellen.

Wir: Wie kamen Sie zum Bücherschreiben?
Dirk Reinhardt: Ich habe schon immer gerne geschrieben, schon in dem Alter, als ich an der Grundschule gerade das Lesen und Schreiben gelernt hatte. Dabei hatte ich auch das Glück, dass meine Eltern und andere Leute mir immer spannende Bücher geschenkt haben. Und wenn ich etwas gelesen hatte, das mir richtig gut gefiel, dann hatte ich oft den Wunsch, etwas Ähnliches zu schreiben, vielleicht eine Fortsetzung mit den gleichen Figuren. Das waren damals natürlich noch nicht gleich ganze Romane, sondern kürzere Geschichten. Aber im Lauf der Zeit wurden sie immer etwas besser und ausführlicher, und irgendwann – da war ich schon erwachsen – habe ich einige Probekapitel an Verlage geschickt. Nach vielen Absagen ist dann schließlich mein erster Roman erschienen.

Wir: Was würden Sie jungen Autoren für Tipps geben?
Dirk Reinhardt: 1. Immer daran denken, dass auch das Schreiben eine Art Handwerk ist, bei dem man sich immer weiter verbessern kann. Niemand wird als genialer Autor geboren. Man sollte versuchen, sich weiterzuentwickeln, sollte immer neugierig und lernbereit bleiben.
2. Man braucht viel Ausdauer. Es wird immer Rückschläge und Selbstzweifel geben, davon darf man sich aber nicht unterkriegen lassen. Gerade in diesen Phasen zeigt es sich, wer es mit dem Schreiben wirklich ernst meint.
3. Man sollte sich nicht im stillen Kämmerlein verkriechen, sondern das, was man schreibt, anderen zu lesen geben und um ein ehrliches Feedback bitten. Das sollte man dann auch wirklich ernst nehmen und versuchen, sich auf dieser Grundlage immer weiter zu verbessern.

Wir: Was ist das Komplizierteste am Autoren-Dasein?
Dirk Reinhardt: Für mich ist das Schwierigste vielleicht, dass ich mich als Autor ständig selbst motivieren muss. Denn ich arbeite ja allein und muss mich jeden Morgen selbst dazu motivieren, mich an den Schreibtisch zu setzen, was vor allem dann schwierig ist, wenn ich in einer Phase bin, wo es mit dem Schreiben gerade nicht gut vorangeht. Das braucht dann schon eine Menge Disziplin und die Fähigkeit, sich selbst immer wieder zu überwinden.

Wir: Warum schreiben Sie Kinder-/Jugendbücher?
Dirk Reinhardt: Bei Kindern und Jugendlichen kann ich versuchen, sie fürs Lesen zu begeistern, und diese Aufgabe finde ich sehr lohnend und mag sie gerne. Erwachsene lesen entweder gerne, dann muss ich sie nicht davon überzeugen, oder sie lesen nicht gerne, dann erreiche ich sie normalerweise gar nicht mehr. Bei Kindern und Jugendlichen habe ich als Autor eine ganz besonders hohe Verantwortung.

Wir: Schreiben Sie auch über eigene Erfahrungen?
Dirk Reinhardt: Über mich selbst schreibe ich eigentlich grundsätzlich nie. Aber dennoch gehen meine Erfahrungen natürlich immer in meine Romane ein, das ist ja gar nicht anders möglich. Aber autobiographisches Schreiben interessiert mich eigentlich nicht.

Wir: Machen Sie noch viele Rechtschreibfehler?
Dirk Reinhardt: Rechtschreibfehler habe ich, ehrlich gesagt, noch nie besonders viele gemacht. Der Grund ist nicht, dass ich die ganzen Regeln auswendig gelernt hätte. Aber ich habe schon als Kind immer viel gelesen, und dabei haben sich mir die ganzen Schreibweisen mehr unbewusst eingeprägt. Da musste ich dann in der Schule gar nicht mehr so viel dazulernen.

Wir: Macht es Ihnen mehr Spaß, sich die Geschichte oder die Charaktere und deren Hintergründe auszudenken?
Dirk Reinhardt: Spaß macht mir beides gleich viel. Aber wichtiger sind für mich eindeutig die Charaktere. Die Figuren, ihre Lebensgeschichten, ihre Charaktereigenschaften und ihre Beziehungen untereinander sind immer das Erste, das ich mir bei einem Roman überlege. Aus diesen Figuren, ihrem Denken und Handeln und Fühlen, versuche ich dann möglichst logisch die Handlung zu entwickeln, die kommt also erst an zweiter Stelle. Ein spannender Roman beruht meiner Ansicht nach nicht in erster Linie auf einer spannenden Handlung, sondern auf interessanten, vielschichtigen und authentischen Figuren.

Wir: Würden Sie sich wünschen, dass Ihr Buch bzw. Ihre Bücher verfilmt wird/werden? Wenn ja, wären Sie gerne mit am Set als Regisseur o. Ä.? Welche wäre Ihre Wunschbesetzung bei Perfect Storm (als Film)?
Dirk Reinhardt: Prinzipiell würde ich mir das schon wünschen. Allerdings müsste der Film dann auch wirklich gut werden, und darauf hätte ich als Autor wenig Einfluss. Normalerweise vergibt man als Autor zwar die Filmrechte an ein Studio oder einen Regisseur bzw. eine Regisseurin, hat dann aber kaum noch Mitspracherecht. Da kann man also auch böse Überraschungen erleben. Selbst mit am Set zu sein, wäre aber vielleicht auch gar nicht gut, das würde ich immer eher den Profis überlassen. Ich würde auch selbst nicht die Schauspieler*innen aussuchen wollen, denn ich habe natürlich gewisse Vorstellungen meiner Figuren im Kopf. Danach würde ich vielleicht auch die Leute aussuchen wollen; Hauptkriterium sollte aber sein, ob sie als Schauspieler etwas taugen. Bei „Perfect Storm“ müssten die Darsteller*innen alle noch sehr jung sein, die Hauptfiguren sind ja 15 oder 16 Jahre alt. Das heißt, man würde Nachwuchsdarsteller*innen dafür aussuchen, und die kenne ich einfach nicht.

Wir: Was für Bücher lesen Sie gerne privat? Lassen Sie sich von diesen inspirieren?
Dirk Reinhardt: Ich lese am liebsten die Werke der ganz großen Autor*innen, also zum Beispiel von Tolstoi oder Dickens oder Thomas Mann oder Balzac oder Goethe oder James Joyce und so weiter. Von denen kann ich einfach eine Menge lernen, vor allem darüber, wie sie ihre Werke strukturiert und angelegt haben oder wie sie gewisse literarische Probleme gelöst haben. Und ich kann mich einfach auch an der Schönheit ihrer Sprache und ihrer Gedanken erfreuen.

Wir: Für welches Buch haben Sie am längsten recherchiert?
Dirk Reinhardt: Wenn ich zurückdenke, war das bei den Romanen „Edelweißpiraten“, „Train Kids“, „Über die Berge und über das Meer“ und „Perfect Storm“ immer mindestens ein halbes Jahr. Diese Zeit hat es schon jeweils gebraucht. Bei „Edelweißpiraten“ war es eine historische Recherche, bei „Train Kids“ und „Über die Berge und über das Meer“ eine Recherche bei Geflüchteten, bei „Perfect Storm“ eine Recherche im Darknet. Das hatte alles seine besonderen Herausforderungen, hat aber jeweils ungefähr gleich lange gedauert.

Wir: Schreiben Sie über erfundene Personen oder denken Sie auch an Bekannte?
Dirk Reinhardt: Prinzipiell sind die Personen in meinen Romanen immer erfunden, also genau diese Personen mit diesen Namen gibt es nicht. Häufig aber orientieren sie sich an realen Personen. Das sind selten Bekannte, sondern Personen, die ich bei der Recherche kennengelernt habe. Die werden oft mehr oder weniger deutlich zu Vorbildern für einzelne Figuren in meinen Romanen.

Wir: Reisen Sie an die Orte, über die Sie schreiben? Bei den Edelweißpiraten: Sprechen Sie auch mit Nachfahren oder sogar Zeitzeugen, wenn Sie recherchieren?
Dirk Reinhardt: Wenn es Sinn ergibt und möglich ist, mache ich das. Bei den „Edelweißpiraten“ war ich an den Schauplätzen in Köln und Umgebung und habe auch viel mit Zeitzeug*innen gesprochen. Bei den „Train Kids“ war ich in Mexiko entlang der Bahnstrecke unterwegs und habe viele der jugendlichen Migrant*innen getroffen. Bei „Über die Berge und über das Meer“ habe ich mit vielen Jugendlichen aus Afghanistan gesprochen, die bereits bei uns in Deutschland sind. Und bei „Perfect Storm“ war es eine Reise durch die Tiefen des Darknet und eine Recherche in der Hackerszene.

Wir: Wer der sechs Jugendlichen in „Perfect Storm“ ist Ihr Lieblingscharakter?
Dirk Reinhardt: Jeder von ihnen ist unverzichtbar, aber müsste ich einen wählen wäre es Dylan, denn er ist der Stratege, hat die Gruppe zusammengebracht und ihn erwartet das tragischste Schicksal.

Mitschüler: Haben sie dadurch Hacken gelernt?
Dirk Reinhardt: Etwas, denn durch das Dark Net wurde es leichter und wenn man so 10000 Euro übrig hat, kann man sich quasi einen Baukasten zum Hacken kaufen.

Wir: Was wäre der größte Erfolg, den Sie mit Ihren Büchern erreichen würden?   
Dirk Reinhardt: Der größte Erfolg den ich erreichen könnte wäre, dass viele das Buch lesen und sich damit befassen. 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Reinhardt für seine mitreißende Lesung und dass er sich für unsere Fragen so viel Zeit genommen hat!

Von Lisa Krug und Sarah O.v.H., 9a

                                                                                                                    

                                                                                                                      

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